Oktober
Home ] Nach oben ] November ] Dezember ] Januar ] Februar ] März ] April ] Mai ] Juni ] Juli ] August ] September ] [ Oktober ] November ] Dezember ] Januar ] Februar ] März ] April ]

 

Oktober 2013 - "Gipshemd"

Ich fühle mich durchaus beweglich.
Ich weiß, dass ich ein Korsett auch trage,
außerhalb der Kleidung, unter der Haut.

Ich betrachte mich beim Bewegen.
Das ist nützlich, um beide Spuren zugleich zu sehen:
Die Spur, die der Bewegliche läuft,
neben der Spur, die steif und in Enge geht.

Freiheit prallt hier auf Zwänge.
"Du wärst nicht groß und gebildet geworden ohne uns",
behaupten die Zwänge.
"Du hast viele der bestehenden Zwänge nicht nötig",
verkündet meine Freiheit.

Ich glaube an einen Haufen sinnvoller Regeln.
Ich liebe Rituale.
Schon ein Paartanz braucht Abstimmung, na klar.
Doch vom Überbau bis zum Unterbewusstsein
sehe ich eine Zwangswelt um mich, die auch in mir fräst,
die sich vom Wahnsinn davon unterscheidet,

dass sie relativ sinnvoll funktioniert.
Damit sind wir beim Stichwort, mit dem jeder
an jedem herumdrängelt, zwanghaft und zwängend:
Funktionieren. Wir sollen füreinander funktionieren.
Wer funktioniert, wird in die Arbeit geschickt.

Ich kann funktionieren. Doch ist spüre Zwang.
Ich ermogele mir freie Zeit. Wollte ich sie erzwingen,
würde Gestalten vom Freund bis zum Amt sie mir rauben.
Es klappt. Ich bin frei. Nur kommuniziere ich nicht.

Frei und allein stehe ich in Winden auf Gipfeln.
Neben mir hängt mein Korsett.
Nach draußen ziehe ich das an.